Der Lauf der Menschheit
Der Lauf der Menschheit nach dem Tod findet in den drei Welten, der physischen, astralen und mentalen, nicht zur Ruhe. Die von dem physischen Gewand befreiten Seelen werden auf dem gewaltigen brahmanischen Rad des Lebens durch den Schwung ihrer eigenen Gedanken, Worte und Taten hinauf- und hinuntergetragen. Es ist alles ein Spiel des individuellen Gemüts, mit seinem weiten Feld an Verzweigungen, die sich von der untersten, der physischen, zu den mentalen Welten ausbreiten, in denen man sein eigenes Tabernakel im Jenseits baut, für einen vorübergehenden Aufenthalt, lang oder kurz, entsprechend seinem Bedarf, um die Lektionen von Brahman zu lernen; während man auf dem Pfad zur Vollkommenheit fortschreitet, und jede Seele eine so reiche Ernte einsammelt, wie sie kann; bevor sie die Ursachen ausgeschöpft hat, die durch die äußeren Impulse von Kräften in Bewegung gebracht wurden, die in ihrer Umgebung in den verschiedenen Ebenen der beschriebenen drei Welten sind.
Der Kausal- oder Saatkörper der menschlichen Seele, das innerste Gewand, hat noch zwei weitere, sehr subtile und erhabene Verkleidungen darunter, die buddhische – vigyanische –, und die nirvanische – anandische oder glückselige – genannt. Nur eine mutige Seele, wirklich sehr mutig, wie die des Prinzen Siddharta, kann die Buddhaschaft erreichen und zu Buddha, dem Erleuchteten, werden und sich der Glückseligkeit des Schöpfers der drei Universen erfreuen; und auf die irdische Ebene kommen, um der Welt das Gesetz zu geben – das Gesetz des Dhamma oder Dharma, mit Betonung auf Wunschlosigkeit und darauf, das Gemüt von allen Verhaftungen zu befreien und dann den achtfachen Pfad der Rechtschaffenheit zu beschreiten, der zur Vollkommenheit führt. Wiederum mag es ein Jain Tirthankara sein, der Mahavira, der Mutigste der Mutigen, der es wagen konnte, sich dem göttlichen Thron Brahmans zu nähern und der Welt das Gesetz der Universalen Liebe und von Ahimsa zu erklären, Liebe für alle Geschöpfe, vom winzigsten Insekt, hilflos im Staub kriechend, und den Wasser- und Luftgeistern, in unzähligen Anzahlen in ihren jeweiligen Sphären schwebend, unsichtbar für das bloße Auge.
Auf der Buddhi-Ebene entwickelt man die intellektuelle Seite des Göttlichen in sich und beginnt, in sich dasselbe Selbst wie in allen um sich herum zu sehen und zu erkennen, und man ist genauso in diesem Selbst, wie es die anderen sind. So gelangt man zu der großen, fundamentalen Einheit des Seins, dem Sutra Atma, der alles, von der Ameise bis zum Elefanten, wie so viele Perlen auf der Schnur eines Rosenkranzes trägt; trotz der Unterschiede in Form, Größe und Farbe, sowohl im Innern als auch im Äußeren, aufgrund der klimatischen Bedingungen und der mentalen Verfassung und der Inneren Entwicklung und des Inneren Wachstums. Nun weilt die menschliche Monade, das ausgeatmete Leben Brahmans, in dem eingeatmeten Leben Brahmans, mit göttlichen Kräften und Eigenschaften ausgestattet, und trachtet nach dem Aspekt der Glückseligkeit der Gottheit in sich – dem Bewusstsein des Atman oder Nirvana des Sat Chit Anand – dem Herzen und der Seele des Universums, das nun das ihre wird, und sie ist eins mit ihm.
Es ist wahrhaftig ein langer und beschwerlicher Vorgang, Brahma Vidya richtig zu verstehen und dann erfolgreich zu praktizieren, und Brahmand von einem Ende bis zum anderen, Stufe für Stufe, von der physischen Welt der groben Materie bis zur richtigen Brahm Lok, zu durchqueren, der Region, wo Maha Maya in ihrer feinsten und subtilsten Form regiert. Brahmand ist die Manifestation der Kraft Gottes, die in Om wohnt, der heiligsten Silbe in der vedischen Überlieferung; und somit ist sie Akar oder die Form von Om – Omkar. Sie ist der Logos der Griechen und Ek-Onkar der verschiedenen Schriften.
Dies ist das ultimative Ziel menschlichen Erlangens, heißt es im Vedanta – den höchsten Lehren, wie sie von den späteren vedischen Lehrern und Gelehrten, den Rishis der alten Zeit, als ein Resultat ihrer intensiven meditativen Erfahrungen in den schneebedeckten Bergfestungen oder in den dichten Waldbehausungen gegeben wurden. Brahman ist eben jenes Leben des Universums, das die oben beschriebenen drei Welten mit all dem, was in jeder existiert, umfasst – der Triloki Nath, der Herr des dreifachen panoramischen Lebens in seiner Fülle. Ihre Worte der Weisheit finden wir in aphoristischer Form, als Juwelen reinsten, heiteren Strahls in ihren wertvollen Abhandlungen, die als Upanishaden bekannt sind, welche zu Recht als Vedantas oder als die letzten Stufen oder Teile des Veda betrachtet werden, die Blüte der göttlichen Weisheit; welche mit Maha Vakya, der großen Wahrheit endet: 'Das bist du', was bedeutet, dass der Mensch in seiner wahren Natur und Essenz Brahman ist und wenn man diese fundamentale Wahrheit erkennt, ruft man unwillkürlich aus:
Aham Brahm asmi – Ich bin Brahman,
oder,
Ich und mein Vater sind Eins,
oder:
Denn ich habe nicht von mir selber geredet, sondern wie mir der Vater gesagt hat.
Johannes 12:49-50
Die höchste Lektion, die man aus dem Vedanta erlangt, ist – wir sind alle Eins; Eins in unserem Ursprung, Eins in unserer Beschaffenheit, sowohl in der inneren als auch in der äußeren Gestaltung, Eins in unseren Potenzialen und Kräften, wie verborgen und verwickelt sie auch immer sein mögen, aber wir sind gleicherweise fähig, sie zu entwickeln, sei es früher oder später; aber der Prozess der Entwicklung oder der Entfaltung des Selbst ist im Wesentlichen der Gleiche für alle; und dann ist auch das Ziel für die ganze Menschheit Eins, denn wir alle sind Verehrer Brahmans. Auf diese Weise geht das ausgeatmete Leben, welches das individuelle Gemüt bildet, in dem eingeatmeten Leben des Universalen Gemüts oder Mahat auf – dem 'großen Gemüt des Kosmos' – dem dritten Logos oder der göttlichen, schöpferischen Intelligenz, dem Brahman der Hindus, dem Mandjusri der Buddhisten, dem Heiligen Geist der Christen, und dem Allah-hu der Mystiker und der Sufi-Derwische.
Hier in Brahm Lok leben die Seelen lange und in unmittelbarer Nähe Brahmans, wo sie die Liebe, die Intelligenz und die Glückseligkeit dieser Wesenheit oder Kraft in sich aufnehmen und außerdem ist der Aufenthalt in der Tat so lang, dass man geneigt ist, ihn für eine wahrhafte Erlösung zu halten und ihn als wahrhafte Erlösung zu benennen, die Flamme, die mit der Flamme – Brahmans – eins wird. Aber der Aufenthalt dort, wie lang auch immer er sein mag, ist nicht ewig und er dauert nur solange an, bis Brahmand selbst sich auflöst, und das Universale Gemüt sein Leben aufrollt und alle Seelen in seinen Schoß aufnimmt, wo auch immer sie sein mögen. Dieses Drama des Umhüllens und Enthüllens des Lebens, Brahmand genannt, wird immer wieder wiederholt; und das große Spiel geht beständig weiter bis in die Ewigkeit.
Die göttliche Philosophie sagt so schön darüber:
Wie bezaubernd ist die göttliche Philosophie, nicht harsch und mürrisch, wie die Toren glauben; sondern wohlklingend wie die Laute Apollos und ein ewiges Festmahl nektargleicher Süße.
Aus Brahman gehen die drei großen Mächte – Brahma, Vishnu und Shiva – hervor, die alles, was in der einen oder anderen Form aus Materie oder Maya besteht, erschaffen, erhalten und zerstören. Diese drei Nachkommen oder Kräfte kommen ins Dasein durch seine Shakti oder Maha Maya, Mutter des Universums genannt, nicht im Sinne des Geschlechts wie wir es gewöhnlich kennen, sondern noch einmal müssen wir als Vergleich die leichte, hauchdünne Substanz der Spinne nehmen, die nicht von außen, sondern aus dem Innern des Körpers der Spinne kommt, oder dem Kokon, oder einer seidenen Hülle, wie sie von einer Larve aus feinen Fäden, die sie selbst herstellt, gewoben wird, um sich als Puppe und besonders als Seidenraupe zu schützen; womit wir uns im Laufe der Zeit alle Arten seidener Gewänder mit so vielen Mustern und Farben vorbereiten, um unsere Nacktheit zu verhüllen, und Vergnügen daran finden, in geborgten Kleidern zu verkümmern.
Auch Nanak bezieht Sich, wenn Er über das Wirken von Gottes Schöpfung spricht, auf das dreifache Prinzip des Schöpfers, Erhalters und Zerstörers – die alle als Vizeregenten nach dem Willen des Höchsten Wesens arbeiten und nur die übertragene Autorität ausüben; und wie seltsam es auch scheinen mag, ist es ihnen nicht gegeben, Ihn zu erkennen, da sie nur ein Teil der objektiven Schöpfung sind, und Er, das Höchste Wesen, subjektiv und formlos ist:
Die Große Mutter empfing und brachte drei Regenten hervor: als ersten den Schöpfer, als zweiten den Erhalter und als letzten den Zerstörer. Was Er will, vollbringen sie. Sie wirken unter Seinem Willen. Doch groß ist das Wunder, denn obgleich Er über ihnen wacht, erblicken sie Ihn nicht. Heil, Heil Ihm allein, dem Ersten, Reinen, Ewigen, Unsterblichen und Unveränderlichen in allen Zeitaltern.
Jap Ji, Strophe 30
Was die gewaltige und enorme Arbeit betrifft, die mit dem Lauf der drei Welten in der Schöpfung zusammenhängt, alle Arten von Höllen und Himmeln in ihnen mit einbeschlossen, übt Vishnu, das zweite Gegenstück von Brahma, in dem großen Triumvirat oder Trimurti die Macht der Verwaltung aus. Als er – Vishnu – einmal gefragt wurde, wie er ein solch großes Schauspiel verwalten könne und für die zahllosen seiner Fürsorge anvertrauten Seelen bis ins Einzelne ausgearbeitete Vorkehrungen treffen könne, um in den überirdischen und unteren Welten seines Bereichs alle Arten der Annehmlichkeiten und Leiden bereitzustellen, lächelte er nur und sagte:
O! Ich habe überhaupt nichts zu tun, denn wer auch immer in irgendeine meiner Welten kommt, bringt seine eigene Fuhre an Schmerzen und Freuden mit sich und gestaltet sich dadurch seine eigene Hölle oder seinen eigenen Himmel, sowohl auf der irdischen Ebene als auch danach. Was auch immer einer in irgendeinem meiner Bereiche braucht, legt er sich für sich selbst zurecht und ich schaue nur unbekümmert auf das menschliche Drama, das Enthüllen des Umhüllten in sich, tragisch oder komisch oder tragikomisch, wie der Fall sein mag.
So läuft die Göttliche Maschinerie automatisch, für sich allein und von selbst, doch einzig nach Seinem Willen.