Adhya beauftragt ihre drei Söhne,
das Universum zu erschaffen
Die vier Arten der Schöpfungsgattung
Dann sagte ihre Mutter dies:
"All ihr drei: Erschafft das Universum!"
Sie brachte die Ei-Gebürtigen hervor, Brahma erschuf die Leib-Gebürtigen, Vishnu erschuf die aus dem Schmutz Gebürtigen und Shiva ließ die Samen-Gebürtigen entstehen; vier-und-achtzig Lakhs Spezies wurden erschaffen und die Erde wurde aus einer Hälfte Wasser und einer Hälfte Land gefertigt. In den Samen-Gebürtigen ist ein Element; die aus dem Schmutz Gebürtigen haben zwei; die Ei-Gebürtigen haben drei Elemente und die Leib-Gebürtigen vier. In den menschlichen Wesen sind fünf Elemente und die drei Gunas schmücken sie aus.
Brahma erfährt über den Formlosen durch das Lesen der Veden
Dann las Brahma die Veden und sie lesend, verspürte er Liebe.
Die Veden sagen,
"Es gibt nur einen 'Sat Purush', er ist Nirankar und hat keine Gestalt. Er wird in Form von Licht gesehen in der Weite des Raum-Bewusstseins, und er kann nicht mit dem physischen Körper wahrgenommen werden. Sein Haupt ist in den Himmeln und seine Füße sind in der Welt darunter."
Dies herausfindend wurde Brahma berauscht.
Er sagte Vishnu:
"Die Veden erzählten mir etwas über die 'Ursprüngliche Person'."
Dann erzählte er Shiva, dass die Kernaussage der Veden ist, dass es einen 'Sat Purush' gibt,
– "Die Veden sagen, da gebe es einen 'Sat Purush', jedoch kennen wir sein Geheimnis nicht."
Kabir sagte zu Dharam Das:
Dann kam Brahma zu seiner Mutter. Sie grüßend, berührte er ihre Füße.
"O Mutter, die Veden haben mir erzählt, dass es einen weiteren Schöpfer gibt!"
Brahma sagte,
"Höre, meine Mutter! Erzähle mir – wer ist dein Gatte? Überschütte mich mit Gnade und verheimliche dies nicht vor mir: Wo ist unser Vater?"
Seine Mutter sagte,
"Höre Brahma, du hast keinen Vater; alles wurde erschaffen aus mir heraus; ich habe die ganze Schöpfung gehegt."
Brahma sagte,
"Mutter, höre sorgfältig zu: Die Veden kamen zu dem Schluss, dass es einen 'Sat Purush' gibt, der in einer verborgenen Gestalt ist."
Adhya sagte,
"Höre, mein Sohn Brahma: Da gibt es keinen Schöpfer außer mir. Ich erschuf die drei Welten, und ich allein erschuf die sieben Ozeane."
Brahma sagte zu Adhya:
"Ich glaube dir, dass du all dies getan hast: Jedoch weshalb verheimlichtest du dies zuvor? Die Veden sagen, dass es einen Alakh Niranjan 'Sat Purush' gibt – wenn du der Schöpfer bist, weshalb bedachtest du dies nicht zuvor? – Du schufst die Veden: Warum erwähntest du den Alakh Niranjan in ihnen als den Schöpfer?
– Wenn du alles von dir selbst aus erschaffen hast, dann, Mutter, weshalb schriebst du dies nicht in den Veden? Spiele keine Streiche mit mir, sage mir die Wahrheit."
Als Brahma seinen Starrsinn zeigte, überlegte Adhya, was zu tun ist.
Kabir fuhr fort und sagte zu Dharam Das:
Sie dachte,
"Wie bringe ich ihn dazu, zu verstehen? Er glaubt mir nicht. Wenn ich ihm über Niranjan erzähle, wie wird er dies akzeptieren? Außerdem hat Niranjan mir gesagt, dass niemand seinen Darshan haben kann. Wenn ich ihm erzähle, er ist unsichtbar, wie bringe ich es fertig, dass er ihn sieht?"
Vorsichtig überlegend, sagte sie ihrem Sohn,
"Alakh Niranjan gewährt seinen Darshan nicht."
Brahma sagte,
"Berichte mir, wo er ist und kümmere dich nicht um das Für und Wider. Ich glaube deinen Worten nicht; ich mag solche Angelegenheiten nicht. Zuerst willst du mich täuschen, nun sagst du, 'Er gewährt seinen Darshan nicht, somit wirst du keinen Darshan haben.' Sage nicht solch sinnlose Dinge. Gib mir seinen Darshan auf der Stelle. Ich verlasse mich nicht länger auf dich. Vertreibe meine Zweifel – zögere nicht für einen Moment."
Seine Mutter sagte,
"Höre Brahma! Ich sage dir die Wahrheit. Sein Haupt ist im siebten Himmel und seine Füße sind in der siebten Welt darunter. Wenn du seinen Darshan wünschst, nimm eine Blume in deine Hand und geh’ und verneige deinen Kopf vor ihm."
Dies hörend, drehte Brahma sich in Richtung Erde, mit seinem Kopf nach unten.
Seine Mutter dachte,
"Er gehorcht mir nicht – die Veden haben ihn dies gelehrt, doch wird er nicht befähigt sein, seinen Darshan zu erhalten."
Ashtangi sagte,
"Höre, mein Kind: Alakh Niranjan ist dein Vater. Jedoch, teurer Sohn, wirst du niemals seinen Darshan haben; ich sage dies mit ganzem Einvernehmen."
Dies hörend, war Brahma verwirrt. In seinem Verstand erging die Entschlossenheit, seines Vaters Darshan zu haben. Sein Haupt vor der Mutter verneigend, beschloss er, dass er, nur nachdem er den Darshan seines Vaters erhalten hätte, zurückkommen würde. Sogleich begann er sich rasch in Richtung Norden aufzumachen. Vishnu steuerte zu den Welten unterhalb, auch er wollte den Darshan seines Vaters. Doch Mahesh ließ seine Aufmerksamkeit nicht wanken. Er äußerte kein Wort; er diente einfach weiter seiner Mutter. Shiva Ji machte sich keine Sorgen. Er hielt seine Aufmerksamkeit auf seiner Mutter Dienst. Viele Tage vergingen, während die Mutter um ihre Kinder besorgt war.
Vishnus Rückkehr von seiner erfolglosen Suche
Zuerst kam Vishnu zu seiner Mutter zurück und berichtete ihr seine Geschichte.
"Ich sah meines Vaters Füße nicht. Mit dem Feuer von Shesh Nags Gift wurde mein Körper schwarz. Ich war über dies bestürzt und kam zurück. Ich hatte meines Vaters Darshan nicht."
Dies hörend, war Adhya sehr zufrieden. Liebevoll rief sie Vishnu zu sich und liebkoste ihn.
Sie küsste ihn und ihre Hand segnend auf seinen Kopf haltend, sagte sie,
"Mein Sohn, du sagtest mir die Wahrheit."
Dharam Das sagte zu Kabir:
Mein Zweifel wurde beseitigt; o mein Herr, berichte mir über Brahma. Erhielt er den Darshan von seines Vaters Haupt oder kam er auch enttäuscht zurück?
– Du hast mir die Geschichte des Tages erzählt als Brahma fortging, seinen Vater zu sehen. Traf er seinen Vater oder nicht? Hatte er seinen Darshan oder nicht? O mein Satguru, erzähl’ mir all dies, erkläre es mir, eins nach dem anderen. Mich verstehend als Deinen Diener, streue Licht auf diese Angelegenheit. Verheimliche nichts vor mir. Mein Herr, ich bin Dein Diener, bitte mach’ meine Geburt erfolgreich: Erzähle mir, was danach geschah.
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Veranschaulichung:
Erschafft das Universum: Nun, da Kal verschwunden ist, ist Adhya, von den Hindus als Kali, Durga oder Maya verehrt – und oft die 'göttliche Mutter' genannt –, verantwortlich für die weitere Erschaffung, die nun beginnt, aber für Äonen nicht abgeschlossen ist; die Ereignisse, die folgen, vollziehen sich während des Schöpfungsprozesses.
Vier-und-achtzig Lakhs Spezies: Lakh ist ein indisches Zahlwort und entspricht der Zahl 100 000. (Siehe hierzu die Veranschaulichung 'Lakh' im Unterkapitel 'Wie Vishnu sich in schwarz wandelte'.) Somit entsprechen vier-und-achtzig Lakhs 8 400 000. Dies ist die Zahl der verfügbaren Arten, in welche die Seele inkarnieren kann.
Im Jahr 2011 kamen amerikanische und britische Forscher im Rahmen des internationalen Projektes 'Census of Marine Life' zu dem Ergebnis, dass es weltweit rund 8,7 Millionen Arten geben müsse. Dies berichtete das Fachjournal 'PLoS Biology'. Mit Hilfe einer neuen Methode der Stammbaumanalyse sei es den Forschern gelungen, bisherige Schätzungen stark einzuschränken. Zwar handelt es sich hierbei noch immer um eine Schätzung, welche von der eigentlichen Anzahl der Spezies um 300 000 abweicht, doch kommen die Wissenschaftler in ihren Forschungen der Wahrheit immer näher.
Die tatsächliche Zahl von 8 400 000 beinhaltet eine Anzahl von astralen oder nicht-physischen Wesen. Dies ist der Ursprung des bekannten Ausdrucks 'Das Rad der Vier-und-achtzig'. Die Seele steigt auf, durch die ganze Aufeinanderfolge der Möglichkeiten von Mineralien und Pflanzen, bis hin zum Körper eines menschlichen Wesens; wenn sie ihre menschliche Geburt missbraucht, beginnt sie den Abstieg zurück bis hinunter zum Tiefpunkt, von dem aus sie wieder aufsteigen mag.
Die 8 400 000 Arten wurden geschaffen, da die Menschen Shabd nicht akzeptierten. (Siehe hierzu im Unterkapitel 'Die Wiedererkennung der Seele, welche aus dem menschlichen Körper in den menschlichen Körper kommt' die Überschrift 'Warum wurden die vier-und-achtzig Lakhs Niederkünfte gemacht?'.) Die Religionen erklären oft das Gegenteil und behaupten, diese 8 400 000 Arten seien – im Sinne eines stufenweisen Aufstiegs – geschaffen worden, um die Seele voranzubringen. Dies stimmt jedoch nur vom Standpunkt der gefallenen Seele aus, denn die Seelen verfügten zunächst über die menschliche Gestalt. Erst nachdem sie gefallen waren, mussten sie in die eigens dafür geschaffenen nicht-menschlichen Lebensformen inkarnieren.
Hierbei dienen die niederen Lebensformen lediglich dazu, das geschaffene Karma aus dem Depot des Sanchit Karmas abzuleben. Daher können Tiere kein neues Karma schaffen. Auch wenn zum Beispiel eine Katze eine Maus frisst, schafft sie kein neues Karma, sondern lebt lediglich – ebenso wie die Maus – ihr vorhandenes Karma ab.
Der Mensch allerdings kann für gewöhnlich nicht leben, ohne neues Karma – Kriyaman – zu schaffen. Nur wer Naam erhalten hat, kann aus dieser Falle herauskommen. Dafür ist das Spirituelle Tagebuch gedacht.
Siehe hierzu auch 'Das Mysterium des Todes' und 'Das Rad des Lebens', von Kirpal Singh, 1894–1974.
Sat Purush: Der Name des 'Sat Purush' wird zwar verwendet, aber es ist Kal, der hier gemeint ist; dies wird in den Veden bewusst so dargestellt, um den Wahren Sat Purush zu verschleiern und ist somit ein Teil der von Kal geschaffenen Illusion.
Sein Haupt ist in den Himmeln: Im alten Testament sagt Gott:
Der Himmel ist mein Thron, die Erde mein Fußschemel.
Jesaja 66:1
Alakh Niranjan: 'Der unsichtbare Niranjan'. Hier ein Name für Kal in seiner unsichtbaren Daseinsform. Alakh bedeutet: das, was nicht gesehen wird.
Kirpal Singh erwähnte einmal, dass Kal jeden Tag zu Ihm kommt, um sich über die von den Menschen erzeugten Missstände zu beschweren. Als Er gefragt wurde, in welcher Form Kal erscheine, sagte Er sinngemäß:
Es ist keine Form, sondern eine Kraft.
Mahesh: Shiva – der Erzengel Dschibril – Gabriel in der islamischen, christlichen und jüdischen Tradition. (Siehe auch den Unterpunkt 'Mahesh' in der Veranschaulichung zu 'Am Anfang'.)